vH082 – Kanonen auf Spatzen (10.03.1918)

Zum ersten Mal scheidet eine der großen Partien aus dem großen Weltkrieg aus. Es ist Frieden zwischen den Mittelmächten und Russland. Wir erläutern aus der Sicht der Zeitgenossen das Geschehen und gehen auf die relevanten Hintergründe ein. Reist mit uns durch die Zeit. Hört vorHundert!

 

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Untergang der Szent Istvan
Das Berliner Tageblatt vom 10.03.1918
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2 Gedanken zu „vH082 – Kanonen auf Spatzen (10.03.1918)

  1. Peter

    Hallo!

    Ich bin vor rund 2 Jahren auf euren Podcast gestossen und habe mittlerweile alle mit Vergnügen nachgehört. Sehr positiv finde ich, dass ihr den Teil mit den fiktiven Journalisten eingestellt habt. Allerdings fühle ich mich heute genötigt, eine Korrektur anzubringen.
    Ich habe in der Folge vom 24.02. den Hinweis auf die Staatsgründung Estlands vermisst. Da ich in Estland wohne kommt man natürlich nicht um die 100 Jahrfeier rum, und da die Ausgabe „Ostfunk“ gerade an diesem Tag rauskam, war ich mir eigentlich sicher, dass bei euch auf die Unabhängigkeitserklärung Estlands eingegangen wird.
    Zu meinem Erstaunen wurde darauf aber in der aktuellen Folge Bezug genommen, allerdings mit dem falschen Datum, nämlich dem 28. Februar. Ausserdem habt ihr da behauptet, die Staatsgründung Estlands sei eine Folge von Brest-Litowsk und die Absicht des Deutschen Reiches sei es gewesen, einen unabhängigen Staat als Bündnispartner zu haben. Das alles ist aber sehr verkürzt dargestellt und teilweise faktisch falsch.
    Aber der Reihe nach: Das Bestreben Estlands nach Unabhängigkeit ist so alt wie die nationalen Bestrebungen in Europa insgesamt, geht also mindestens auf die Mitte des 19.Jh. zurück. Allerdings rückte das Ziel erst in greifbare Nähe, als das russische Zarenreich im Verlauf des Weltkrieges mehr und mehr erodierte. Nach der Oktoberrevolution 1917 trat in Estland am 28. November 1917 der estnische Landtag („Maapäev“) zusammen. Dieser hatte sich im Frühjahr gebildet, und zwar unter dem Einfluss der Februarrevolution und dem Ende der Zarenherrschaft. Ziel dieses Landtages war es, das Geschick Estlands in die eigenen Hände zu nehmen. Am 28.11.1917 nun erklärte sich dieser „Maapäev“ als das oberste Organ Estlands.
    Dies war vorerst natürlich fast nur ein symbolischer Schritt, doch man fing sofort an, sich auf diplomatischen Kanälen nach Unterstützung und auch nach Geld für den Aufbau einer staatlichen Infrastruktur umzusehen.
    Als nun am 18. Februar die von euch erwähnte neue deutsche Offensive an der Ostfront erfolgte, gründete sich in Estland das „estnische Rettungskomitee“, was man als Schattenregierung bezeichnen könnte. Am 24. Februar zogen sich die russischen Truppen aus Estland zurück, und das nun folgende Machtvakuum wurde von diesem Rettungskomitee genutzt, das Manifest zur staatlichen Unabhängigkeit Estlands auszurufen. Einen Tag später, am 25. Februar, marschierten deutsche Truppen in Estland ein. Damit begann der estnische Unabhängigkeitskrieg, der erst bis zur Kapitulation des Deutschen Reiches gegen deutsche, nach November 1918 aber gegen erneut nachrückende russische Truppen geführt wurde und erst am 2. Februar 1920 beim Frieden von Tartu ein Ende fand.
    Die Absichten des deutschen Reiches mit Estland waren unterschiedlich. Einerseits gab es Bestrebungen, die deutschen Ritter (Baltendeutsche) zu stärken. Diese hatten eigentlich über Jahrhunderte das Heft im Baltikum in der Hand, ganz egal, ob das Gebiet gerade zu Polen-Litauen, Schweden oder Russland gehörte. In Kreisen dieser alten Rittergeschlechte gab es tatsächlich die Idee, ein unabhängiges baltisches Herzogtum (oder sogar mehrere solcher) zu gründen und diese an das Deutsche Reich anzulehnen.
    Eine zweite Gruppe baltendeutscher Adliger hatte aber das Ziel, das Zarenreich in Russland wieder herzustellen und Estland erneut als Provinz dieses Reiches zu etablieren. Allerdings wurde von dieser Gruppe auch eine Aussöhnung und ein zukünftiges Bündnis zwischen Russland und Deutschland angestrebt.
    Fazit: Dass Estland sich am 24.02.1918 unabhängig erklärte war eine Folge der Revolutionen in Russland und wurde durch einen temporären Machtverlust der grossen Mächte begünstigt. Einen eigenständigen Staat des estnischen Volkes wollte in Berlin niemand, allenfalls gab es Befürworter eines Satelitenstaates unter Führung baltendeutscher Adliger.
    Übrigens wird im Friedensvertrag von Brest-Litowsk zwar auf die Unabhängikeit Litauens und Kurlands (ein Teil Lettlands) verwiesen, nicht aber auf jene von Livland ( heutiges Nordlettland und Südestland) und Estland.
    Ich hoffe, diese kurze Zusammenfasung ist einigermassen verständlich… 🙂

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    1. Luis

      Hallo Peter, danke für dein ausführliches Feedback!

      Du hast Recht. Wir haben es uns über die Staatsgründung von Estland zu einfach gemacht. Unsere Darstellung war zu kurz. Entscheidend waren das Machvakuum und der Wille der Esten zum eigenen Staat. Wir sind in der Folge vH083 auf deine Anmerkungen eingegangen und haben uns korrigiert.

      Deine Art und Weise der Kritik finden wir sehr konstruktiv und angenehm. Liebe Grüße an die Ostsee=)

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